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Es werden Posts vom Januar, 2018 angezeigt.

Premierenkritik: „Dialogues des Carmélites“ von Francis Poulenc – Musiktheater im Revier Gelsenkirchen – 2018

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Bedrohliche Schatten in einer bedrohlichen Zeit  – Ben Baur inszeniert „Dialogues des Carmelites“ (Gespräche der Karmelitinnen) von Francis Poulenc im Musiktheater im Revier Gelsenkirchen –  von Klaus J. Loderer Ein historisches Datum auf dunkler Wand, davor Frauen mit Kerzen, die das „Salve Regina“ singen. Eine nach der anderen, hört auf zu singen, bläst ihre Kerze aus und geht hinaus. Der Chor wird immer dünner. Bis zuletzt nur noch eine Frau singt. Ein eindrückliches Bild, das uns Regisseur und Bühnenbildner Ben Baur in seiner Inszenierung am Ende von Francis Poulencs Oper „Dialogues des Carmélites“ (Gespräche der Karmelitinnen) in Gelsenkirchen bietet. Zweifellos. Und doch frage ich mich, ob dieses Bild nicht verharmlost, was an diesem 17. Juli 1794, den es übrigens in Frankreich nicht gab, da man im Zuge der konsequenten Säkularisierung auch den christlichen Kalender abgeschafft hatte, und eigentlich der 29. Messidor des Jahres II heißen müsste, geschehen ist. Denn tatsäc

Premierenkritik: Wagners „Der fliegende Holländer“ am Theater Koblenz – 2018

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Na wenn sie alle gaga sind ...  Das Theater Koblenz präsentiert einen musikalisch hervorragenden „Holländer“  – von Matthias Woehl – „Der fliegende Holländer“ in Koblenz ist eine tolle Show, das kann man ohne Zweifel sagen. Aus Platzgründen setzt man die Rheinische Philharmonie auf die Bühne, und davor gestaltet Bühnenbildner Bodo Demelius eine ansehnliche Szene für die Vorgänge. Aber Regisseur Markus Dietze lässt seinen Holländer in einer Nervenheilanstalt spielen, was meine anfängliche Hoffnung, einer wirklich interessanten Deutung beizuwohnen, gleich völlig zerstört. Das Problem dabei ist nämlich, dass man, wenn alle sowieso gaga sind, alles machen, aber nichts ernst nehmen kann. Somit ist alles beliebig und auch bedeutungslos. So abwegig sind doch die Vorgänge in Wagners Oper „Der fliegende Holländer“ überhaupt nicht, jede Figur hat ihre Gründe dafür,   warum sie so handelt wie sie handelt, nur dass sie nicht unbedingt zusammenpassen, und das Ganze dann nicht für alle gut

Mozarts „Così fan tutte“ – Hessisches Staatstheater Wiesbaden – 2018

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Theater im Theater  Uwe Eric Laufenbergs überrascht mit seiner Inszenierund von Mozarts „Così fan tutte“ im Hessischen Staatstheater Wiesbaden  von Klaus J. Loderer  Der Vorhang offen, der Orchestergraben von einem Laufsteg umgeben und gar kein Bühnenbild. Doch halt. Das Proszenium ist gewissermaßen verdoppelt: den vergoldeten Bühnenrahmen, der Bogen und die Logen hat Bühnenbildner Matthias Schaller etwas verkleinert in den großen Rahmen gestellt. Man blickt vom Zuschauerraum in den Zuschauerraum – ein Effekt, der durch einen großen Spiegel im Hintergrund entsteht, in dem sich der echte Zuschauerraum spiegelt. Und um das zu verdeutlichen, ist die Bühne in ein zweites Parkett verwandelt, in dem auch Zuschauer sitzen. Bei beleuchtetem Zuschauerraum setzt die Ouverture ein und dann sollte die Oper anfangen, doch das verhindern drei diskutierende Herren in der ersten Reihe, die aufspringend sich um die Treue von Frauen streiten, einer hält alle Frauen für untreu, zwei verteidigen

„Der Rosenkavalier“ von Richard Strauss – Theater Koblenz – 2017

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Es passiert etwas im Requisitenlager  „Der Rosenkavalier“ von Richard Strauss im Theater Koblenz  von Klaus J. Loderer Im Koblenz pflegt man ob der geringen Ausmaße des Orchestergrabens die Variante, bei Opern mit großem Orchester dieses hinter die Szene zu setzen und über dem verdeckten Orchestergraben zu spielen. Diese Lösung hat beim „Rosenkavalier“ zu einem interessanten Ergebnis geführt. Da nun sowieso Orchester und Bühne „verkehrt herum“ sitzen, hat man dieses  „ verkehrt herum “  noch etwas weiter gesponnen und führt den Zuschauer in die Tiefen des Theaters, nämlich in das Requisitenmagazin, in dem der Requisiteur sich seine Oper zusammenträumt (Bühne und Kostüme Christian Binz). Wir sehen Regale mit allerlei Schachteln, Möbeln, Puppen und allerhand sonstigen Dingen. Auch auf der leicht nach oben gestuften Bühne stehen einige Sachen herum. Darunter ein Sofa, auf dem sich gerade zwei Gestalten im Liebesspiel tummeln: der Graf Rofrano mit der Fürstin Werdenberg. Dane

Premierenkritik: Menottis Oper „Der Konsul“ – Theater Krefeld/Mönchengladbach – 2017

Ein ergreifendes Stück über die Unmenschlichkeit  – „Der Konsul“ von Gian Carlo Menotti am Theater Krefeld/Mönchengladbach  –  von Klaus J. Loderer Ein ergreifendes Stück ist „Der Konsul“ von Gian Carlo Menotti. 1950 wurde die Oper in Philadelphia zum großen Erfolg. Das ist eigentlich nicht erstaunlich, konnten damals in den USA viele Menschen das Leiden der Hauptfigur durch eigene Erfahrungen oder Erzählungen von Verwandten nachvollziehen. Die Oper spielt in einer nicht genannten Diktatur. Magda s Mann gehört einer Widerstandsgruppe an, wird von der Polizei gesucht und flieht. Die Geheimpolizei durchsuch die Wohnung. Magda versucht, im Konsulat eines ebenfalls nicht genannten Landes um Visa nach. Doch es ist ein endloses Warten, ein endloses Ausfüllen von Formularen, der Hinweis auf immer neue Bescheinigungen, ein endloses Zermürben der um Visa ansuchenden. Sie alle werden von der Konsulatssekretärin trocken abgearbeitet. Den Konsul sieht man nicht. Daraus en

Opernrarität: „Giuditta“ (Judith) von Alessandro Scarlatti – Hessisches Staatstheater Wiesbaden – 2017

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Man dankt ihr nicht  – „Giuditta“ (Judith) von Alessandro Scarlatti am Hessischen Staatstheater Wiesbaden –  von Klaus J. Loderer Der Cavaliere Alessandro Scarlatti hat sich zwei Mal mit dem alttestamentarischen Judithstoff befasst. 1693 komponierte er das groß angelegte Oratiorium „Giuditta“. Bald erhielt er von Kardinal Pietro Ottoboni den Auftrag für ein neues Oratorium. Da dem Kardinal aber gerade nur eine kleine Zahl an Musikern zur Verfügung standen, musste ein kleineres Format entstehen. Scarlatti komponierte das Oratorium „Giuditta a true“ – also für drei Singstimmen, kleines Orchester und ohne Chor. 1697 fand die Aufführung in der Casa Vietnam, dem Palazzo der Familie Widmann in Rom, statt. Nun hat man das wunderbare Werk wieder ausgegraben und im Kleinen Haus der Hessischen Staatstheater Darmstadt in einer Koproduktion mit der Hochschule für Musik Mainz aufgeführt. Christian Rohrbach leitete das kleine Ensemble aus sieben Musikern fein und sensibel, g

Fotoausstellung: Schwarzweißfotos aus Budapest von Ottó Kaiser und Imre Kinszki – Ungarisches Kulturinstitut Stuttgart – 2018

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Überraschende Perspektiven  Ausstellung „Képpontok / Views of Budapest“ mit Schwarzweißfotos von Ottó Kaiser und Imre Kinszki im Ungarischen Kulturinstitut in Stuttgart  von Klaus J. Loderer  Eine Ausstellung mit großformatigen Schwarz-Weiß-Fotografien ist bis zum 16. Februar 2018 im Ungarischen Kulturinstitut in Stuttgart zu sehen. Harte Hell-Dunkel-Kontraste, Muster ergebene Schlagschatten auf dem Boden, kaligrafische Muster der Linienführung sind die Gemeinsamkeiten dieser Fotos – und natürlich, dass Budapest das Modell all dieser Fotos ist. Aber es sind ungewöhnliche Ansichten von Budapest. Die berühmten Gebäude fehlen völlig. Es ist keine dieser Ausstellungen, in denen das Publikum gleich erkennt, hier das Parlament, dort die Basilika, dann noch die Kettenbrücke etc. Es sind Fotos aus ungewöhnlichen Perspektiven, mit Motiven des Alltags aus der ungarischen Hauptstadt. Die Ästhetik der Schwarz-Weiß-Fotografie vereinheitlicht die Fotos. Doch stutzt man dann e

Vestibül der Wiener Staatsoper mit Gemälden von Karl Josef Geiger restauriert

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Vestibül der Wiener Staatsoper restauriert  – Lünettenbilder des Malers Karl Josef Geiger sind nun wieder gut zu erkennen –  von Klaus J. Loderer  Das Vestibül der Wiener Staatsoper, immerhin einer der wenigen Räume im Haus am Ring mit originaler Innengestaltung, hat über die Jahre etwas angestaubt gewirkt. Die aufwendige Gestaltung war verblasst, teilweise auch beschädigt und verschmutzt und wirkte insgesamt etwas düster. Im Sommer 2017 frischten, von der Bundestheater-Holding in Zusammenarbeit mit dem österreichischen Bundesdenkmalamt durchgeführte,  umfangreiche Reinigungs- und Restaurierungsarbeiten das Vestibül auf. Nun sind die vielen interessanten Details in Reliefs und Malereien wieder deutlich zu erkennen. Auch der echten Marmor imitierende Stuckmarmor wurde restauriert. Die Besucher der Oper gehen durch das Vestibül oft achtlos hindurch. Die Gestaltung ist allerdings mit vielen interessanten Details. So stellen die Lünettenbilder des Malers Karl Josef Geiger nett

Wagners „Meistersinger von Nürnberg“ am Badischen Staatstheater Karlsruhe – 2014

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Wagner legt Beckmesser über’s Knie  Sogar mal witzig: Tobias Kratzer inszeniert Wagners „Meistersinger von Nürnberg“ in Karlsruhe  von Matthias Woehl Gespannt war ich auf die Regie von Tobias Kratzer, von dem ich einen wirklich tollen „Tannhäuser“ in Bremen gesehen habe. Der Regieansatz war wirklich witzig, das Theater im Theater, auch mit netten Bildern von Festwiese, Andeutungen an Wieland Wagner Inszenierungen und auch modernem Regietheater. Spannend auch die Idee, aus der Eva mal eine kleine Schlampe zu machen, treibt sie doch ihr Verführungsspiel mit Beckmesser, Stolzing, Sachs und am Ende auch schon wieder mit einem neuen Lover. Sehr sensibel zeichnet Kratzer auch den unglücklich verliebten Sachs, der von Renatus Meszar nicht nur eindrucksvoll gespielt, sondern auch hervorragend gesungen wurde (was haben wir im dritten Akt schon Sachse verrecken hören). Lustig auch der Auftritt des Meisters Wagner, der den Beckmesser über’s Knie legt.  Nur: Im Bühnenbild von Rainer Sellm

Mussorgskys „Boris Godunow“ am Staatstheater Karlsruhe – 2015

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Herausragender Bass: Avtandil Kaspeli als Pimen  Mussorgskys „Boris Godunow“ am Staatstheater Karlsruhe  von Matthias Woehl Bei „Boris Godunow“ bevorzuge ja die überarbeitete Fassung mit dem „Polen-Akt“ gegenüber der inzwischen wieder oft gespielten Urfassung, aber man nimmt ja, was man bekommt! David Hermann beweist, dass auch stilisiert unglaublich ergreifend ein kann. Er zaubert wundervolle Bilder auf die Bühne, und Joachim Klein beleuchtet diese auf beeindruckende Weise. Das einzige, was ich nicht verstanden habe, warum in der Schänke die Personen auf einmal zu Comic-Figuren werden! Ansonsten hat man eine beeindruckende Inszenierung über den Aufstieg und Fall des Zaren Boris bebildert vor Augen. Allen voran der muss Konstantin Gorny als Boris erwähnt werden, denn er singt und gestaltet einen idealen Boris. Endlich mal ein Bass, der auch die leisen Töne zu singen und darzustellen versteht. Larissa Wäspy ist eine filigrane Xenia, und fast grandios (hätte sie ein wenig besser

Songdrama „Ewig jung“ von Erik Gedeon am Renaissance-Theater in Berlin – 2015

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Makabre Komödie in Berlin  – Songdrama „Ewig jung“ mit Angelka Milster am Renaissance-Theater –  von Klaus J. Loderer Eigentlich wollte ich am Karfreitag in Magdeburg die selten gespielte Oper „Die Braut von Messina“ des tschechischen Komponisten Fibich anschauen. Wie ich aber noch im Zug im Internet feststellte, fiel die Vorstellung aus. Parsifal in Leipzig war zeitlich nicht zu schaffen. Also schnell umdisponiert und im ICE nach Berlin gerast. Für Parsifal an der Staatsoper Berlin hat es leider gerade nicht gereicht, da der schon um 16 Uhr anfing. Aus dem Ballett Dornröschen an der Deutschen Oper wurde dann auch nichts, da diese Vorstellung wegen eines Streiks ausfiel (wenn das Haus endlich mal ausverkauft ist, läßt man die Vorstellung platzen, das hat die Touristen, die über Ostern in Berlin sind, sicher gefreut). „Die Macht der Gewohnheit“, die gerade jeden Tag am Berliner Ensemble läuft, kam natürlich Karfreitag gerade nicht. Ich bin dann schließlich im Renais

CD-Besprechung: Laurent Campellones Aufnahme der Oper „Les Barbares“ von Camille Saint-Saëns

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Komposition für das römische Theater in Orange  Laurent Campellone leitet Aufnahme von „Les Barbares“ von Camille Saint-Saëns am Theater Saint-Étienne  – von Klaus J. Loderer – Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts fanden im renovierten römischen Theater von Orange Konzerte statt. Um 1900 träumte man gar mit staatlicher Unterstützung von einer Art französischem Bayreuth. Um diese Opernfestspiele in die Wege zu leiten, sollte eine eigene Oper komponiert werden. Für Plot und Libretto konnte man den renommierten Theaterautor Victorien Sardou gewinnen. Für die Musik waren Xavier Leroux und Jules Massenet im Gespräch, bis man die Verhandlungen auf Camille Saint-Saëns konzentrierte. Der fand die Idee allerdings abwegig und hatte akustische Bedenken wegen des Theaters und besondere wegen des Mistrals, einem sommerlichen aber kalten Wind, der Aufenthalte im Freien in Orange ziemlich ungemütlich machen kann.   Aber mit verschiedenen Versprechungen gewann man Camille Saint-Saëns schließlich