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Es werden Posts vom April, 2018 angezeigt.

Opernkritik: „Echnaton“ von Philipp Glass – Oper Bonn – 2018

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Verstärkter Minimalismus  „Echnaton“, Oper von Philip Glass in der Oper Bonn  von Matthias Woehl Es ist schon erstaunlich! Jahrelang bemüht man sich, Inhalte von Opern ordentlich zu verdrehen oder unkenntlich zu machen. Mit Philipp Glass‘ Oper „Echnaton“ – im englischen Original „Akhnaten“ – hat man einmal ein Werk ohne herkömmlichen Handlungsfaden, bei der man seiner Phantasie einfach freien Lauf lassen könnte, doch schon dichtet man dem ganzen eine richtige Geschichte an.  „Echnaton“ ist der dritte Teil einer Trilogie über Persönlichkeiten, die ihre Zeit ganz besonders geprägt und nachhaltig verändert haben. Der erste Teil „Einstein on the Beach“ ist ein Werk über den Physiker Albert Einstein, und die 1980 uraufgeführte Oper „Satyagraha“ erzählt von Mahatma Gandhi. Im Gegensatz zu vielen anderen modernen Opern ist aber die Minimal Music von Philip Glass ausgesprochen melodisch, und beim Hören entstehet durch seine sphärischen Klänge eine ganz außergewöhnliche Atmosphäre.

Opernkritik: Puccinis „La Bohème“ – Teatro la Fenice Venedig – 2018

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Paris, Paris, Paris  Francesco Michelis üppige Inszenierung von Puccinis „La Bohème“ wieder am Teatro la Fenice in Venedig  von Klaus J. Loderer Üppig ist die Inszenierung von Francesco Micheli von „La Bohème“ in Venedig. Das Teatro la Fenice hat die Produktion von 2011 wieder in den Spielplan genommen. Stefania Panigini hat sie neu einstudiert. Eduardo Sanchi entfaltet in seinem Bühnenbild ein ganzes Paris-Panorama. Auf einem Gazevorhang ist eine Art Jugendstileisenkonstruktion angedeutet, romantisch nachvollzogen mit kleinen Lämpchen. Darauf erkennt man den Eifelturm und andere Pariser Gebäude. Ein zweiter Gazevorhang zeigt einen großen Vollmond und in nächtliches Blau getaucht die typischen Dächer und Schornsteine von Paris und führt uns gleich in die Höhe der Mansarden. Zuerst schemenhaft sieht man dahinter einen Ofen, ein Bett, ein Klavier, einen Sessel etc. Noch während der Schlussakkorde des ersten Akts wandelt sich die Bühne. Generalprobe „La Bohème“ am Teatro la

Premierenkritik: Bellinis „I Capuleti e i Montecchi“ – Teatro São Carlos Lissabon – 2018

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In unbeobachteten Momenten werden die Gemälde lebendig  Bellinis „I Capuleti e i Montecchi“ am Teatro Nacional de São Carlos in Lissabon  von Klaus J. Loderer Das historische Teatro São Carlos in Lissabon mit seinem historischen Logenrund ist genau so ein Theater, wie man es sich für Belcanto vorstellt. Vincenzo Bellinis „I Capuleti e i Montecchi“ hatte im nicht unähnlichen Teatro la Fenice 1830 seine Uraufführung. „I Capuleti e i Montecchi“  am Teatro de São Carlos in Lissabon Foto: Teatro Nacional de São Carlos Zum Vorspiel tragen Arbeiter Gemälde in ein Museum. Es könnte auch ein englisches Herrenhaus sein (Bühnenbild: Alessandro Camera). Verpackte Bilder werden an die Wände gelehnt, herein- und hinausgetragen. Der Rückgriff in die tragische Liebesgeschichte von Romeo und Julia gelingt Regisseur Arnaud Bernard durch den Kunstgriff, die Bilder lebendig werden zu lassen. Einem großen Gemälde entsteigt der rot gewandete Herrenchor in historisierenden Kostümen (Ko

Wagners „Der fliegende Holländer“ im Staatstheater Wiesbaden – 2018

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Ich möchte nicht dauernd meckern  – Wagners „Der fliegende Holländer“ im Staatstheater Wiesbaden –  von Franz Meyer Ich gehe doch nicht in die Oper, um mich aufzuregen, ich möchte auch nicht dauernd die schlechte Qualität einer Aufführung bemängeln, auch ich möchte mich amüsieren, auf- oder angeregt werden, gute Musik genießen und von hervorragenden Gesangsdarbietungen schwärmen, eine besondere intelligente Deutung verstehen, einmal wieder heiser sein vom Bravorufen. Aber warum ist das nicht mehr möglich? Bin ich zu abgeklärt nach 45 Jahren, die ich das Musiktheater nun besuche? Erwarte ich zu viel? Oder liegt es dann am Ende doch daran, das dass, was mit vorgegaukelt wird, nicht mehr der Qualität entspricht, die ich einfach gewöhnt war? „Der fliegende Holländer“, Staatstheater Wiesbaden Foto: Lena Obst Ich überprüfe mich am Staatstheater Wiesbaden. Ich sehe eine Repertoirevorstellung des „Fliegenden Holländers“ in der Inszenierung von Michiel Dijkema. Was wird mir d

Liederabend der Mezzosopranistin Elisabeth Hornung in Darmstadt – 2018

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Die Visitenkarte der Elisabeth Hornung  Liederabend der Mezzosopranistin Elisabeth Hornung  im Ernst-Luwig-Saal in Darmstadt  von Matthias Woehl Nur wer mich kennt weiß, wie ungern ich Liederabende besuche. Es ist einfach unerträglich für mich, wenn Sängerinnen in der Diseusenkurve stehen und stocksteif säuselnd über Bächlein, Vögelein oder Blümlein singen. Nur wenige Künstlerinnen können mich da mit einem aufregenden Programm oder einer besonderen Intensität begeistern. Seit 1984 gehört Elisabeth Hornung zum Ensemble des Staatstheater Darmstadt, und seitdem bewundere ich sie auch. In welchen Partien habe ich sie alles gesehen, als Amneris, Eboli, Herodias, Brangäne, Amme, Venus, ihre tolle Allwissende Muschel (in der Ägyptischen Helena in Essen), einfach unzählige Rollen. Man ist fast an seine „Hornung“ gewöhnt, lebt Jahrzehnte mit ihr als feste Größe am Haus, wird von ihr begleitet, wächst mit ihr ins „Charakterfach“ hinein, zuletzt als Burja in Jenufa, oder als Mary im

Premierenkritik: Dietrich W. Hilsdorf inszeniert Richard Wagners „Siegfried“ – Deutsche Oper am Rhein in Düsseldorf – 2018

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Tour de Forc(e)ierung  Premiere von Wagners „Siegfried“ an der Deutschen Oper am Rhein in Düsseldorf  von Matthias Woehl  Eine Wagner-Premiere an einem der bedeutendsten Opernhäuser in Deutschland. Ein Ereignis, bei dem man früher vor der Tür auf Menschen getroffen wäre, die ein „Suche Karte“- Schild in der Hand hielten. Heute sieht man dort Menschen, die Eintrittskarten hochhalten, in der Hoffnung, diese noch los zu werden, was nicht einfach gewesen sein muss, denn man konnte problemlos noch Karten an der Abendkasse erwerben. Deutsche Oper am Rhein:  „Siegfried“ –  Mime (Cornel Frey), Siegfried (Michael Weinius) Foto: Hans Jörg Michel Ein Grund, warum das so ist, erklärt sich beim Anschauen und besonders beim Anhören des neuen Siegfrieds an der Rheinoper. Regisseur Dietrich W. Hilsdorf, dessen Name eigentlich für interessante Regie steht, ist zum Siegfried allerdings nicht sonderlich viel  eingefallen, und eine Deutung gar suchen wir umsonst. Das wäre an sich

Buchbesprechung: Reisehandbuch Kärnten von Sabine Becht und Sven Talaron

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Wo Gustav Mahler komponierte  Reisehandbuch Kärnten von Sabine Becht und Sven Talaron  – von Klaus J. Loderer –  Kärnten ist vor allem Landschaft, bergige Landschaft. Entsprechend befasst sich der informative Reiseführer von Sabine Becht und Sven Talaron mit vielen Gebirgsgruppen und Bergen wie Hohe Tauern, Nockberge, Karawanken und Saualpe, Tälern und Seen. In Villach kann man übrigens in einem Relief im Maßstein 1 : 10000 übrigens die Landschaft von oben betrachten. Doch Kärnten besitzt auch architektonische und künstlerische Sehenswürdigkeiten. Immerhin findet sich mit dem Dom zu Gurk ein wichtiges Beispiel mittelalterlicher Baukunst mit bemerkenswertem romanischem Portal. Unter den Klöstern ist St. Paul im Lavanttal zu nennen. Weitläufig ist die Burg Hochosterwitz. Aus der Barockzeit stammen der Wappensaal im Landhaus in Klagenfurt und die Heilig-Kreuz-Kirche in Villach. Für Opern- und Theaterfreunde bietet Klagenfurt ein schönes Jugendstilstadttheater. Unter Maierni

Ausstellung „Maria Callas alla Fenice, una mostra“ – Teatro la Fenice in Venedig

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Maria Callas auf dem Markusplatz (Foto: Renzo Cargasacchi) La Divina in La Serenissima  Ausstellung über die Auftritte von Maria Callas im Teatro la Fenice in Venedig  von Klaus J. Loderer Eine kleine Ausstellung im Umgang der dritten Logenreihe im Teatro la Fenice würdigt derzeit die Auftritte von Maria Callas in Venedig. In acht Produktionen sang sie dort: 1947 in Tristan und Isolde und Turandot, 1949 in Walküre und I Puritani, 1950 Norma, 1953 La Traviata und 1954 Lucia di Lammermoor und Medea. Neben den Besetzungszetteln sind an den Wänden einige Szenenfotos aus den Produktionen zu sehen. Eindrucksvoll die Roben der Violetta der Produktion von Giuseppe Marchioro. Aber fast noch interessanter sind die sonstigen fotografischen Schnappschüsse des Fotografen Renzo Cargasacchi. Etwa wie Maria Callas aus einem Fenster des Theaters schaut oder wie sie sich im Theater für den Auftritt fertigmacht. Einige Fotos zeigen sie auch in der Stadt. Auf dem Markus

Konzert: Georgisches Kammerorchester Ingolstadt unter Ruben Gazarian – Elbphilharmonie Hamburg – 2018

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Georgische Klänge und etwas Mozart  Khatia und Gvantsa Buniatishvili und das Georgische Kammerorchester Ingolstadt unter Ruben Gazarian  von Klaus J. Loderer In der Reihe Kaukasus fand am 31. März in der Hamburgischen Elbphilharmonie ein Konzert mit dem Georgischen Kammerorchester Ingolstadt statt. Dieses wurde 1964 in Tiflis als Georgisches Staatskammerorchester gegründet. 1990 übersiedelte es nach Deutschland. Leider erfuhr man aus dem Programmheft nicht, warum dieser Umzug erfolgte. Der Armenier Ruben Gazarian steht dem Orchester seit 2015 als Chefdirigent vor. Für das Konzert in Hamburg erarbeitete er mit dem Kammerorchester ein überwiegend georgisches Programm. Das hatte seinen Reiz. Denn die drei vorgestellten Komponisten sind in Deutschland eher weniger bekannt, vermitteln aber einen schönen Querschnitt durch georgische Kammermusik der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts. Wie Liszt, Bartók oder Janacek ließen sie sich von Volksmusik inspirieren. Als Quelle dient

Filmbesprechung: „The Death of Stalin“ von Armando Iannucci

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Wenn man über Massenmörder kichert  Makabre Filmkomödie "Death of Stalin" über machtgierige und kriecherische Proleten des britischen Komikers und Regisseurs Armando Iannucci  von Klaus J. Loderer Darf man über Massenmörder lachen? Vor einigen Tagen kam eine makabre Filmkomödie des britischen Komikers und Regisseurs Armando Iannucci in die deutschen Kinos, die im Vorfeld dadurch für Schlagzeilen sorgte, dass der Film in Russland nicht gezeigt werden durfte. Die „Helden“ der Sowjetunion kommen in dem Film auch gar nicht gut weg. Man kichert über die banale Proletenhaftigkeit und Dummheit der politischen Führung der Sowjetunion und ist entsetzt über ihre Niedertracht. Doch das Lachen bleibt einem öfters im Halse stecken, wenn mal wieder so ganz beiläufig ein paar Menschen liquidiert werden. Und in diesem Film werden viele Menschen liquidiert, schließlich geht es um Stalin – und der ließ eifrig morden. Aber auch den Mächtigen geht es hier an den Kragen und wir werden im